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Rezension: Arler Erde

Idyllische Felder, Wald, Moore, Kühe, Schafe und Pferde so weit das Auge reiht. Bauernhof um Bauernhof. Willkommen im schönen Friesland, willkommen bei Arler Erde und willkommen bei einem neuen Uwe Rosenberg Bauernhof-Spiel. In dieser Rezension geht es um Arler Erde, das 2 Spieler Spiel von Uwe Rosenberg, welches beim Feuerland Spiele Verlag erschienen ist.

Diese Rezension basiert auf einem vergünstigtem Rezensionsexemplar von Feuerland Spiele.

Hintergrund von Arler Erde

Wir befinden uns im beschaulichen Stätdchen Arle in Friesland, die Heimat Uwe Rosenbergs. Wir leiten einen Bauernhof und versuchen damit, so erfolgreich wie möglich durch die Jahre zu kommen. Besonders der Winter macht uns immer wieder zu schaffen. In Arle gibt es immer eine Menge zu erledigen, sei es das Dorf auszubauen, die Nachbarsorte und -städte zu bereisen, die Moore trocken zu legen um Torf zu stechen oder den eigenen Bauernhof mit Gebäuden und Gerätschaften aufstocken in Arler Erde gibt es immer etwas zu tun.

Soweit so gut, man merkt schon, es ist ein typisches Rosenberg Spiel – und doch, hat es etwas ganz besonderes. Versuchen wir dem auf den Grund zu gehen.


Das Spielmaterial von Arler Erde

Wow, die Schachtel ist wirklich voll! Das Spielmaterial ist üppig (der Preis auch) und einfach qualitativ ganz oben dabei. Es gibt Aufkleber für die Spielsteine der Familien, alles was sinnvoll ist aus Holz zu fertigen ist aus Holz, alles was sinnvoll ist als Pappe da zu haben, ist aus Pappe. Da wurden sich wirklich Gedanken gemacht und auch wenn man sich am Anfang fragt, wieso z.B. das Holz und der Lehm nicht aus Holzsteinchen sind, wird einem das während dem Spiel sehr schnell klar. Es gibt sogar Aufkleber für die Warenmarker und für die Kühe, damit die „schwarzbunt“ sind. Schwarzbunt? Ja das sagen die Friesen wohl zum Kuh-Muster. Steht alles in dem Buch mit Hintergrundinformationen zu Arle und Friesland. Wie ein Buch mit Hintergrundinformationen? Ja! Ein ganzes Begleitheft, dicker als die Anleitung, mit Informationen und Geschichten rund um Uwe Rosenbergs Heimat. Das ist nicht nur ein Spiel, das ist Geschichte und Bildung.

Man merkt schon, ich schwärme ein bisschen vom Spielmaterial. Soll ichs Mal aufzählen? Ja? Wirklich? Ok, aber Achtung, wird ne lange Liste!

  • 1x großer Spielplan
  • 2x Heimatpläne
  • 2x Ablagepläne für Reiseziele und Scheune
  • 1x Ablageplan für die Plättchen
  • 2x Spielübersicht
  • 18x Reiseziele (9 pro Spieler)
  • 24x Holz/Bauholz
  • 24x Lehm/Ziegel
  • 24x Leinen/Sommerkleidung
  • 24x Wollstoff/Winterkleidung
  • 24x Leder / Lederkleidung
  • 1x 5er Leinen
  • 1x 5er Wollstoffe
  • 1x 5er Leder
  • 5x Forst / Park
  • 7x Stall / Speicher
  • 3x Stallung / Doppelstall
  • 14x Getreide- / Flachsacker
  • 3x Karren / Pferdewagen
  • 3x Kutsche / Droschke
  • 2x Hand- / Zugkarren
  • 6x Torfkahn / Pflug
  • 10x Deich
  • 2x Kleiner Bohlenweg
  • 6x Moor / Entwässertes Moor
  • 31x Gebäude
  • 2×4 Holzsteine (Arbeiter der Spieler)
  • 2x 10 Handwerksanzeiger
  • 40x Torf
  • 20x Schaf
  • 20x Rind
  • 20x Pferd
  • 2x Startspielermarker
  • 1 Rundenanzeiger

Das Spielmaterial ist natürlich von Dennis Lohausen illustriert. Man erkennt einfach sofort, dass es ein Lohausen / Rosenberg Spiel ist und das ist gut so. Durch die Fülle an Material, benötigt Arler Erde ziemlich viel Platz auf dem Spieltisch. Neben der guten Illustration ist auch eine schnell zu verstehende Iconographie eingesetzt worden. Sprich: Man versteht sehr schnell, was die Symbole bedeuten und muss daher weniger nachschlagen.

Aufbewahrungsbox mit Spielmaterial
Aufbewahrungsbox mit Spielmaterial

Der Spielaufbau von Arler Erde

Der Spielablauf gestaltet sich recht starr, das einzige Zufallselement sind ein paar der ausliegenden Gebäude, ansonsten gibt es keine Varianz im Spielaufbau. Diese paar Gebäude sorgen allerdings schon dafür, dass es einen Wiederspielreiz gibt und man seine Taktik anpassen muss. Jeder Spieler erhält einen Heimatplan, einen Schuppen, sowie ein paar Waren und die Standardausstattung des Hofes.

Der eigene Heimatplan zu Start des Spiels
Der eigene Heimatplan zu Start des Spiels

Der Spielablauf

In Arler Erde bauen wir unseren Bauernhof auf. Dazu haben wir 4 Familienmitglieder welche in den 9 Halbjahren Aktionen für uns ausführen können. Ein Halbjahr endet, wenn jeder Spieler seine 4 Aktionen durchgeführt hat. Die Halbjahre sind unterteilt in Sommer/Herbst und Winter/Frühling. In jeder Jahreszeit stehen andere Aktionen zur Verrfügung. Insgesamt aber ca. 30 verschiedene. Ein ganzer Batzen Möglichkeiten. Ist man am Zug, sucht man sich eine Aktion aus, legt seinen Arbeiter dahin und führt die Aktion aus. Die meisten Aktionen sind an Werkzeuge gebunden. Je nach dem wie viele Werkzeuge man davon hat, desto effektiver wird die Aktion. Mit der Aktion Holzfällen z.B. erhalte ich pro Axt 1 Holz. Zu Beginn des Spiels hat man 3 Äxte. Diese lassen sich mittels der Werkbänke aber auf 6 aufrüsten. Das gibt nicht nur mehr Holz, sondern auch Siegpunkte.

Ein Ausschnitt über das AKtionstableau
Ein Ausschnitt vom Aktionstableau

Siegpunkte ist das Stichwort: Fast alles gibt Siegpunkte und alles will man irgendwie machen, teilweise muss man das sogar, dann ein paar Dinge geben Minuspunkte und das will man ja vermeiden. So muss man die Moore trocken legen und den Torf stechen und die eigenen Deiche ausbauen um den Bauernhof vor den Fluten zu schützen. Neben dem Bauen von Gebäuden, Äckern und züchten von Tieren ist das Reisen eine Besonderheit an Arler Erde. Man kann mit vorher gekauften Karren und/oder Kutschen zu anderen Städten reisen und dort Waren verkaufen um einen Bonus zu erhalten. Zusätzlich erhält man das Städteplättchen und legt es auf die Rückseite auf den eigenen Reiseweg. Der Clou: Das gibt Siegpunkte, je länger der Weg ist und die Rückseite der Städte zeigt wirklich einen Weg, der somit immer weiter wächst. Zusätzlich benötigt man die Geräte um eigene Waren zu veredeln. Denn mit schnödem Holz und Lehm kommt man nicht lange weit. Schnell braucht man Bauholz und Ziegel – besonders um die wertvollen Gebäude zu bauen.

Es gibt vier Gebäude, die geben einem quasi eine zusätzliche Aktion. Der Rest der Gebäude wirkt einmalig beim Kauf – der Zeitpunkt muss also überlegt sein. Doch Achtung, wenn der andere Spieler einem zuvor kommt, hat man Pech. Gebäude sind besonders wegen ihrer Boni und den relativ hohen Siegpunktwerten begehrt.

Wo ich so schön erwähnte, dass in Arler Erde praktisch alles Siegpunkte gibt, lohnt sich doch auch hier mal eine Auflistung oder nicht? Also, los geht’s:

  • Reiseplättchen
  • Waren
  • Kleidung
  • Baustoffe
  • Werkzeuge
  • Geräte
  • Gebäude
  • Tiere

Also, alles was man macht, kann potentiell Punkte geben. Die Schwierigkeit ist es, aus der Vielzahl an Aktionen das Beste rauszuholen.

Und es wäre kein Rosenberg-Spiel, wenn es nicht noch so etwas wie das Ernähren gäbe. In Arler Erde müssen wir  vom Herbst zum Winter unsere Tiere ernähren und alles heizen. Dafür bringen unsere Felder ihren Ertrag ein. Vom Frühling zum Sommer gibt es Nachwuchs bei den Tieren und wir müssen nur ernähren. Heizen ist im Sommer natürlich nicht notwendig. Das Ernähren und Heizen in Arler Erde ist nicht Vergleichbar mit dem Druck der in Rosenbergs Agricola entsteht. Man schafft das eigentlich immer recht locker, da es viele Möglichkeiten gibt, nicht vorhandene Rohstoffe zu substituieren.

Der Heimatplan im fortgeschrittenen Spielverlauf
Der Heimatplan im fortgeschrittenen Spielverlauf

Noch ein Hinweis zu den Halbjahren. Den Spielern stehen immer nur die Aktionen des entsprechenden Halbjahres zur Verfügung bis auf eine Ausnahme. Ein Spieler kann während einer Runde eine Aktion aus dem jeweils anderen Halbjahr wählen. Als Preis erhält der andere Spieler den Startspielermarker für das nächste Halbjahr. Diese Ausnahme ist nur 1x pro Halbjahr möglich und darf auch nur von einem der beiden Spieler ausgeführt werden. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Damit hat man potentiell über 30 Aktionsmöglichkeiten zur Auswahl, was einen erst ein Mal erschlagen kann. Eine Aktion die bereits von einem Spieler gewählt wurde, steht dem anderen Spieler nicht mehr zur Verfügung. Dadurch schrumpfen im Laufe eines Halbjahres die Möglichkeiten und im Laufe der Halbjahre entwickeln sich bei den Spielern Pläne und Taktiken, so dass sie meist sehr genau wissen, was sie tun wollen.

Das wars quasi auch schon. Gar nicht so schwer. Natürlich gibt es noch Detailregeln, diese brauche ich hier aber nicht zu erwähnen, sie werden euch keinen Eindruck vom Spiel vermitteln, sondern den ganzen Text nur verkomplizieren. Ach eines noch: Es gibt natürlich eine Solo-Variante. In dieser kann niemals eine Aktion des anderes Halbjahres gewählt werden, sonst bleibt alles gleich – eine Variante für die ultimativen Durchoptimierer.


Was mir an Arler Erde nicht gefällt

Es gibt nicht viel, das mir an Arler Erde nicht gefällt. Und doch, da ist etwas, eine Kleinigkeit, die aber entscheidenden Einfluss hat. Es ist mir zu wenig Varianz im Spielaufbau. Ich bin froh, dass es kein Glücksmoment für die einzelnen Spieler gibt, so hängt es rein von der Planung ab, aber Varianz im Spielaufbau muss sein um wirklich lange motivieren zu können. Die Auswahl der Gebäude und die wenigen Gebäude sind mir von der Varianz her zu wenig. Es hat entscheidenden Einfluss darauf welche Taktik ich spiele, aber keinen entscheidenden Einfluss auf das Spielgefühl. So fühlt sich jede Partie Arler Erde doch recht gleich an. Was hätte man machen können? Ich weiß es nicht. Vielleicht variable Reiseziele oder doch sowas wie Berufe für die Familienmitglieder, aber diese offen ausliegend, so dass jeder Zugriff darauf hat und nicht das Glück darüber entscheidet, ob man eine gute Hand hat oder nicht. Ich denke meine Position ist deutlich.

Ansonsten zahlt man natürlich für das üppige Spielnaterial seinen Preis. Nicht nur in Euros sondern auch an Platz auf dem Tisch. Das muss einem wirklich bewusst sein: Arler Erde ist groß!

Ach bevor ich es vergesse: Passt beim auspöppeln auf, das war die Hölle. Wirklich. Vielleicht hatte ich nur Pech, aber ich hab noch nie so lange mit dem Cuttermesser dagesessen wie bei Arler Erde.


Was ich neutral an Arler Erde neutral sehe

Die Aufkleber werden nicht ewig halten. Warum das neutral ist? Seien wir ehrlich: Es geht nicht anders. Aufkleber halten nun Mal am besten auf glatten Oberflächen. Holz ist nicht glatt, zumindest ist es nicht ohne höhere Kosten so glatt zu bekommen, wie es sein müsste und selbst dann glaube ich nicht, dass die Aufkleber super halten würden. Immer Mal fest drücken ist also angesagt. Tut dem Spiel aber keinen Abbruch.


Was mir an Arler Erde gefällt

Das Spielmaterial! Aber ich glaube das weisst du schon. Was noch? Die Vielfalt der Möglichkeiten, das Ausleben können, ob als Bauer oder Viehhirte, jede Taktik hat Aussicht auf Erfolg, wenn sie gut geplant und umgesetzt ist. Es überfordert am Anfang und fordert während des Spiels, immer wieder aufs Neue, man fühlt sich aber auch immer mehr in Arle zu Hause.

Das Feeling. Die Idee mit den Halbjahren ist thematisch genial und saugt einen ein ganzes Stück in das Spiel und wird von den Regeln sinnvoll unterstützt. Es erschließt sich jedem sofort, warum man vom Übergang Frühling zum Sommer nicht heizen braucht und warum man dort Nachwuchs bekommt (Frühlingsgefühle!).

Die autobiografischen Informationen. Lieber Uwe: Nach Arler Erde hat man wirklich das Gefühl dich ein Stück weit zu kennen. Super, genau so viel Spaß wie das Spielen, hat mir das Lesen des Begleithefts „Skurril wie ein Ostfriesenwitz“ gemacht. Die Recherchearbeit die dahinter steckt ist nicht zu verachten und verdient Lob und Anerkennung.

Das jeder Spieler eine Spielübersicht hat ist ebenfalls zu Loben und sollte meiner Meinung nach bei Spielen über Kennerspielniveau Standard sein.


Fazit zu Arler Erde

Arler Erde sah ich zum ersten Mal bei Darmstadt spielt! im November 2014. Seit dem ist fast ein Jahr her und ich traute mich ewig nicht an das Spiel ran. Als reines 2 Spieler Spiel, käme es nur mit meiner Freundin auf den Tisch und wir waren mit Agricola doch sehr glücklich. Was soll ich sagen: Ich bereue den Umstieg (fast) keine Sekunde. Wir haben Agricola natürlich immer noch, aber Arler Erde macht als 2 Spieler Spiel sehr viel richtig. Das einzige, was das Spiel von dem „Herausragend“ fern hält, ist die geringe Varianz. Arler Erde hat bei uns Agricola im 2er Spiel abgelöst. Es ist meiner Meinung nach in vielen belangen das bessere Spiel. Das Spielmaterial ist wahrlich fantastisch, die ganze Ausstattung hinterlässt Freude. Das Spielmaterial ist nicht nur hübsch, sondern so abgestimmt, dass es den Spielablauf, besonders im Handling des Materials, unterstützt. So war ich erst enttäuscht, dass die Waren nicht in Form von Steinchen oder Markern vorhanden sind. Die Leisten am Rand machen es aber so viel einfacher, das es einfach die sinnvollste Möglichkeit war, besonders wenn man die Anzahl unterschiedlicher Waren betrachtet und die schiere Menge des Materials. Der Spielablauf erschließt sich schnell und ist sehr klar. Man muss nur erst ein Mal die Wucht von 30 Aktionsmöglichkeiten verarbeiten, dann wird alles gut. Das Spielgefühl ist das ganze Spiel über positiv. Natürlich fehlen einem Mal Rohstoffe, oder man will etwas machen und es wurde einem weggenommen. Aber das gehört zu einem Spiel dazu.

Die 9 Runden sind genug Zeit, dass man wirklich das Gefühl hat es entwickelte sich ein schöner Bauernhof. Bei Agricola bemängelte ich oft, dass es ein starkes Mangelspiel sei und man am Ende das Spiels das Gefühl hat, es habe gerade erst angefangen. Dieses Gefühl kommt bei Arler Erde nicht auf.

Ich kann dieses Spiel jedem empfehlen, der einen großen Rosenberg für zwei Personen sucht.

Lieber Uwe, mach weiter so!


Bewertung von Arler Erde

Sehr gutes Spiel

Alex

Hi ich bin Alex '91 geboren und habe Boardgamejunkies ins Leben gerufen. Seit gut 5 Jahren liebe ich Gesellschaftsspiele und alles was damit zu tun hat und fröne dieser Leidenschaft hier. Mein Ziel? Gute Spiele spielen und besprechen und die Szene beleben und unterstützen.

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4 Kommentare

  1. Denke das ist Zuviel der Ehre, ich mag halt gerne Euro Spiele, ob ich deshalb jetzt mehr oder weniger drüber weiß ist nicht wirklich wichtig.
    Was dein Review angeht so hab ich mich drüber gefreut das du auf das Spielgefühl von Arler Erde eingehst und es als Wohlfühlspiel bezeichnest. Genau das macht Arler Erde so herausragend für mich, es hat was meditatives, entspannendes und man fühlt sich wenig gehetzt. Entspannen mit Rosenberg, hatte ich bei keinem Rosenberg Spiel bis jetzt so stark wie bei Arler Erde, vielleicht auch ein Grund warum es nicht all zu oft auf den Tisch kommt.

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