Mit Kampf um Rokugan veröffentlicht Fantasy Flight Games sein erstes Brettspiel in der Welt von Legend of the Five Rings. Steigen wir also erst Mal in die Welt und Ihre Probleme ein.
Rokugan
Legend of the five Rings spielt im fiktiven Staat Rokugan, welcher kulturell sehr an das Japan vergangener Dynastien angelehnt ist. Geografisch ähnelt es eher China – da auf dem Festland. Insgesamt ist es eine Mischung aus Fantasy und asiatischer Folklore. Das Land Rokugan ist zerstritten. Unterschiedliche Clans versuchen die Macht an sich zu reißen und bekämpfen sich militärisch und politisch. Perfekte Ausgangssituation für ein ordentliches Auf-die-Fresse-Bluff-Verräter-Spiel.
Im Spiel verkörpern wir einen dieser Clans und versuchen eben diie anderen durch Kontrolle von Gebieten zu dominieren.
Die Spielmechanik
Als Oberster Anführer unseres eigenen Clans versuchen wir also Rokugan zu dominieren. Dafür stehen uns unterschiedliche Mittel zur Auswahl, welche wir aber nur begrenzt gezielt einsetzen können. Denn jede Runde zieht man auf 6 verdeckte Marker auf. Diese fünf, plus einen eigenen Bluffmarker kann man diese Runde einsetzen – insgesamt aber nur fünf Stück.
Die Marker entsprechen den unterschiedlichen Einheiten des eigenen Clans. Das können Armeen, Flotten, Shinobi oder auch politische Aktionen wie Teezeremonie (wer denkt da nicht an Rising Sun?) oder auch das Verheeren einer Region sein.
Jeder Marker wird nach eigenen Regeln verdeckt auf dem Spielplan platziert, dabei überschneiden sich die Platzierungsregeln für 2 Marker, so dass man sich nie sicher sein kann, welcher Marker denn da nun liegt. Zusätzlich ist es erlaubt Marker bewusst regelwidrig zu legen, um zu bluffen. Diese werden dann vor der Auflösung entfernt.
So entsteht ein wildes „Ich denke, dass du denkst, das ich tue“ – bluffen, geblufft werden. Um dem ganzen Hin und Her etwas Taktik und Strategie zu geben, gibt es geheime Ziele. Diese sind aber unterschiedlich schwer und geben dementsprechend unterschiedlich viele Siegpunkte. Jeder hat nur ein geheimes Ziel.
Spielgefühl und Fazit
Kampf um Rokugan schafft etwas, was ich nicht für besonders Möglich gehalten habe: Es schloß eine Lücke in meinem Regal, von der ich nicht bewusst wusste, dass sie existierte. Kampf um Rokugan spielt sich schnell und erzeugt trotzdem das Gefühl von Bluff, Spannung und die Freude den Gegner reingelegt zu haben oder ein Gebiet erobert zu haben, verbunden mit dem schmerzlichen Gefühl, wenn man selbst das Opfer ist.
Besonders imponiert mir die Skalierung im Hinblick auf die Spielerzahl. Das Spielgefühl ändert sich zwar deutlich, aber es ist in jeder Spielerzahl ein gutes Spiel. Der Schwerpunkt des Spiels verschiebt sich nur. Während bei 2 Spielern die geheimen Ziele keinen all zu großen Anteil an den Siegpunkten haben, sieht das bei 4 Spielern schon komplett anders aus, da kann die Erfüllung des geheimen Ziels durchaus allem anderen untergeordnet werden, da es einen erheblichen Anteil an den Siegpunkten haben kann. Dies liegt an der Karte von Rokugan. Diese wird bei unterschiedlichen Spielern nicht kleiner. So fallen bei 2 Spielern wesentlich mehr Gebiete an jeden der beiden Spieler, womit diese auch mehr Siegpunkte ausschütten, als bei vier Spielern.
Des Weiteren ist zu beachten, dass das Spiel zu viert durchaus von Chaos geprägt ist. Aber Kampf um Rokugan ist auch zu zweit kein Spiel für große Strategen. Durch das zufällige Ziehen der eigenen Einheiten und dem hohen Blufffaktor ist jeder Plan nur eine Möglichkeit von vielen. Kann klappen, muss aber nicht. Taktieren, bluffen und die richtigen Momente nutzen – offene Tore sehen. Darauf kommt es im Kampf um Rokugan an. Es geht hier nicht um epische Schlachten großer Armeen, sondern um das konsequente Ausnutzen des eigenen Vorteils und dafür gibt uns das Spiel mit seinen schlanken Regeln einige Kniffe an die Hand. Zu zweit kann eine Partie locker in 60 Minuten gespielt werden.
Aber was ist denn nun mit dem Vergleich zu Der Eiserne Thron? Auf seine mechanische Essenz heruntergebrochen ist der Eiserne Thron ein Marker verdeckt legen und bluffen. Aber dies ist bei Der Eiserne Thron wesentlich berechenbarer und planbarer als im Kampf um Rokugan. Kampf um Rokugan bedient sich dieses Kernprinzips als Mechanik und macht doch etwas völlig eigenständiges daraus. Es ist nicht der kleine Bruder. Es ist auch nicht das kurze Der Eiserne Thron. Es ist ein Verwandter. Cousin dritten Grades oder so. Man teilt sich die Wurzeln, ist aber so verschieden, dass man sogar heiraten dürfte. Das trifft es ganz gut.
Gibt es noch weitere Kritikpunkte am Spiel? Ja die gibt es! Das zufällige Ziehen der eigenen Einheiten hat einen heftigen Nachteil. Die Einheiten sind unterschiedlich stark und die Action geht erst gegen Ende des Spiels so richtig ab. Was passiert also mit Spielern, welche ihre ganzen starken Einheiten zu Beginn des Spiels ziehen? Die müssen entweder unfassbar gut bluffen oder haben gelitten. Und man schaut ja schon ein bisschen, was die Gegner bereits für Chips gespielt haben – die sind nämlich unwiderbringlich weg.
Ach, was ich fast noch vergessen hätte: Jeder Clan hat eine andere Spezialfertigkeit. Da haben wir ne Menge Varianz und Möglichkeiten zum ausprobieren in der Schachtel.
Während dem Schreiben dieses Textes war ich mir noch nicht sicher. Wird es nun ein „gut“ oder ein „sehr gut“ – wisst ihr was? Ich geh das Risiko ein: Kampf um Rokugan bekommt von mir ein „sehr gut“. Es ist ein Nischenspiel, aber es macht so viel so toll, hat so elegante Regeln und bringt ein so Spannungsgeladenes Spielgefühl rüber, das hat einfach ein sehr gut verdient!