Rezensionen

Rezension: Kolejka

„Kolejka – In dieser Schlange warten Sie lange“ ist ein Familienspiel über das Warten auf und Erhalten von Waren. Das Spielthema ist im Polen des Kommunismus angesiedelt und soll zeigen, wie die Polen unter dem Kommunismus und der Planwirtschaft gelitten haben.

Das Spiel enthält ein Vorwort des Präsidenten des polnischen Instituts für nationales Gedenken und wurde in Zusammenarbeit mit dem DDR Museum nach Deutschland gebracht. Das lange Vorwort und die historische Einordnung am Ende der Anleitung, zeigen ganz deutlich, dass dies nicht nur ein „Spaß-Spiel“ ist, sondern es in gewisser Weise auch lehren soll.

Das Spielmaterial von Kolejka

Kolejka enthält je 5 Spielfiguren  in 5 verschiedenen Farben für 5 Spieler. Dazu gibt es noch 5 schwarze Spielfiguren – die Spekulanten – und eine Marktfrau sowie einen Startspielermarker. Alle Figuren sind aus Holz und von sehr guter Qualität.

Die Meeple der Farbe rot.
Die Meeple der Farbe rot.

Neben den Spielfiguren gibt es noch eine Menge Spielkarten. Für jeden Spieler gibt es 10 Aktionskarten. Hinzu kommen Einkaufslisten, Lieferkarten und die Warenkarten selbst.

Alle Spielkarten – in unterschiedlichen Größen – sind von guter Qualität.

Der Spielplan und das Liefertableau sind dick und von ebenfalls guter Qualität.

Des Weiteren ist zu erwähnen, dass das ganze Spielmaterial in einem tollen Inlay Platz findet.

Hinweisen muss ich auf die Box von Kolejka. Diese ist wunderschön als Paket gestaltet. Das Paket ist an einer Stelle aufgerissen und man sieht Spreewaldgurken aus Omas Datsche. Das impliziert leider etwas historisch nicht Korrektes. Man könnte es so verstehen, dass die deutsche Bevölkerung sogenannte „Care-Pakete“ nach Polen schickte, um gegen den Hunger zu wirken. Das mag in Einzelfällen, besonders nach der Vertreibung und der Trennung von tausenden Familien sicherlich vorgekommen sein, im großen Stil aber nicht. Das ist ein Punkt der in keiner Weise das Spiel beeinflusst, ich möchte Ihn hier aber nicht unerwähnt lassen.


Der Spielablauf von Kolejka

Der Spielablauf gestaltet sich recht eingängig und einfach. Nachdem jeder Spieler eine Farbe gewählt hat, erhält er noch seine 10 Aktionskarten. Danach werden, der Spielerzahl entsprechend, die Waren- und Lieferkarten vorbereitet. Je weniger Spieler, desto weniger Karten sind im Spiel. Nun wird der Schwarzmarkt vorbereitet. Auf jedes der 5 Schwarzmarkt-Felder kommt eine Warenkarte je eines Typs. Damit liegen dort 5 unterschiedliche Warenkarten.

Die Warenkarten und eine Lieferkarte (unten rechts).
Die Warenkarten und eine Lieferkarte (unten rechts).

Zum Schluss erhält jeder Spieler noch einen Einkaufszettel. Dieser gibt vor, wie viele Waren welcher Art ein Spieler sammeln muss, um das Spiel zu gewinnen. Es gibt 5 unterschiedliche Warenarten: Nahrung, Elektroartikel, Bekleidung, Möbel und Kioskartikel. Jeder Einkaufszettel zeigt 4 dieser Warenarten an. Jeder Spieler braucht von seiner obersten Warenart 4 Waren, von der nächsten 3, dann 2 und von der letzten Warenart auf seinem Einkaufszettel 1. Das macht insgesamt 10 Warenkarten, welche die Spieler sammeln müssen um das Spiel zu beenden.

Von dem eigenen Aktionskartenstapel werden nun 3 Aktionskarten gezogen und auf die Hand genommen.

Das Spielbrett von Kolejka ist in Einkaufsläden – den Warenarten entsprechend – und Warteschlangen aufgeteilt. Vor jedem Laden hat sich eine solche Schlange gebildet. Zu Beginn des Spiels stellt jeder Spieler eine seiner 5 Figuren in eine der Warteschlangen. Stellt man seine Figur als erster in eine Warteschlange ist man auf Position 1, als zweiter auf Position 2 usw.

Wir erinnern uns, Ziel ist es, den Einkaufszettel zu erfüllen.

Nachdem im Uhrzeigersinn jeder Spieler alle seine Figuren platziert hat, werden an das Ende der Schlange die schwarzen Spielfiguren gestellt – eine an jedes Ende – diese Stellen Spekulanten dar. Nun kommen die ersten Lieferungen. Denn im Moment, führen die Läden noch keine Waren.

Der Spieleranzahl entsprechend werden Lieferkarten gezogen (1 bei Spielern, 3 bei 5 Spielern). Diese Lieferkarten zeigen an, welche Waren geliefert werden (damit automatisch auch wohin) und wie viele davon. Im 2-Spieler-Spiel gibt es von jeder Warenart 2 Lieferkarten je mit einer und mit zwei Waren. Die Waren werden entsprechend den Lieferkarten auf die Läden gelegt, die Menschen in der Warteschlange freuen sich schon auf die Lieferung. Doch es bekommen natürlich nur so viele Menschen Waren, wie da sind. Jede Spielfigur kann eine Ware nehmen und bringt diese dann nach Hause. Doch wo bliebe der Spaß, wenn nicht gedrängelt werden würde?

In der Drängel-Phase dürfen die Spieler ihre Aktionskarten spielen. Beginnend beim Startspieler haben die Spieler die Wahl eine Aktionskarte zu spielen oder zu passen. Passt ein Spieler, darf er in der laufenden Runde keine Aktionskarte mehr spielen. Dies geht so lange, bis jeder Spieler gepasst hat.

Die Aktionskarten können ganz schön fies sein. Von der Mutter mit Kind, welche sich in der Warteschlange ganz vor drängelt, bis zur Kritik an der Regierung, wodurch man zwei Plätze nach hinten gesetzt wird.

Hier wird deutlich, in welcher Zeit das Spiel spielt und mit Anlehnungen daran wird nicht gespart. In dieser Spielphase wird das bedrückende Gefühl besonders deutlich.

Der Spielplan
Der Spielplan

Haben alle Spieler gepasst, beginnt die Verteilung der Waren. In jedem Laden in dem es Waren gibt, darf sich der erste in der Schlange eine Warenkarte nehmen. Sind dann noch Waren übrig, darf sich auch der zweite in der Schlange eine nehmen, so lange bis der Laden leer ist. Die bedienten Meeple kommen zurück zu den Spielern und dürfen mit Beginn der nächsten Runde neu gesetzt werden. Bediente Spekulanten stellen sich wieder an das Ende der Warteschlange.

Neben den Läden gibt es noch den Schwarzmarkt. Dieser funktioniert fast wie ein Laden. Auch hier muss man anstehen. Es gibt aber keine Spekulanten und man kann nur die Waren erhalten, welche der Schwarzmarkt grade führt – zu Beginn des Spiels von jeder Warenart eine. Am Schwarzmarkt wird getauscht. Zwei Waren gegen eine Ware. Ein Spieler muss also zwei beliebige Waren abgeben und darf sich dafür eine andere aus dem Angebot nehmen. Dadurch füllt sich der Schwarzmarkt immer mehr, da er immer mehr Waren erhält, als er verliert.

Kolejka ist in Tage aufgeteilt. Jede Runde ist ein Tag. Die Aktionskarten – insgesamt 10 – müssen für die ganze Arbeitstage halten, denn erst am Samstag wird aufgeräumt und die Spieler erhalten ihre Aktionskarten zurück. Es gilt also zu haushalten.


Was ich an Kolejka nicht gut finde

Kleiner Kritikpunkt, aber eben doch ein Kritikpunkt ist, dass Kolejka erst ab der zweiten Spielrunde so wirklich in Fahrt kommt. Die erste Spielrunde – also der erste Tag – ist zäh und dröge, weil nicht wirklich viel passiert, da man die Lage erst einmal einschätzen muss. Des Weiteren wurde mir in den ganzen Partien nicht klar, wieso es die Spekulanten im 3 und 4 Spieler Spiel überhaupt gibt. Diese nehmen den Spielern etwas weg, ziehen das Spiel dadurch aber nur in die Länge. Denn Konkurrenz ist bei 3 und 4 Spielern wahrlich genug da. Bei 2 Spielern haben die Spekulanten absolut ihre Berechtigung.


Was ich an Kolejka neutral sehe

Neutral sehe ich die Illustration von Kolejka, weder spricht diese mich an, noch stößt diese mich ab. Es ist ein Stil der sicherlich gewöhnungsbedürftig ist, alles in allem jedoch das Thema und den Hintergrund des Spiels unterstützt.

Ebenfalls neutral zu sehen ist, dass Kolejka ein sehr konfrontatives Spiel ist. Dies geht bereits aus dem Thema hervor. Wer bei Kolejka nicht alles gibt, den anderen Spielern die Suppe zu versalzen hat quasi schon verloren. Das muss man mögen, damit Kolejka Spaß macht.

Mein dritter Punkt ist, dass Kolejka einen sehr unberechenbaren Spielverlauf hat. Man weiß nicht, was wann beliefert wird und kann dies auch nur sehr schwer abschätzen. Ob man gewinnt oder verliert ist zum großen Teil mit davon abhängig, wie sehr man von den anderen Spielern gestört wird.


Was ich an Kolejka gut finde

Doch kommen wir zu den wirklich positiven Seiten von Kolejka. Das Spiel bringt durch seine konfrontative Mechanik das Gefühl der Konkurrenz zwischen den Menschen wirklich gut rüber, die thematisch passenden Aktionskarten unterstützen das ganze noch hervorragend. Die einfachen Spielregeln erlauben jedem einen schnellen Einstieg in das Spiel. Regelfragen sollten keine aufkommen. Besonders loben muss ich die historische Einbettung. Kolejka hat ein historisch empfindliches Thema und geht damit super um. Durch das lange Vorwort und den tollen Anhang in der Anleitung, wird das Spiel passend historisch erläutert und in den richtigen Kontext gesetzt. Die Aktionskarten spielen mit etwas Humor, aber auf eine so tolle Art und Weise, das man lacht und gleichzeitig merkt, wie schlimm das gewesen sein muss. Toller Spagat zwischen Spiel und historischer Einbettung. Gerne mehr davon! Auch ist das Spielmaterial hervorzuheben. Tolles Inlay, tolle Holzmeeple, gute Karten. Genau so muss ein Spiel umgesetzt sein.


Pro- / Contra-Liste

+ super historische Einbettung
 Langweilige erste Runde
+ Tolles Spielmaterial
  Unklarer Sinn der Spekulanten
+ Leichter Einstieg

Fazit

Kolejka ist ein Spiel mit Stärken und Schwächen, das mit seinen einfachen Regeln Familienspieler ansprechen kann, aber nicht unbedingt wird. Denn das Thema des Spiels ist harte Realität und genau so hart ist auch der Konkurrenzkampf unter den Spielern. Wer sich für eine gute thematisch/historische Einbettung in ein Spiel interessiert und gerne Spiele spielt, bei denen es dauerhaft ums ganze geht, der sollte sich Kolejka wirklich ein Mal anschauen. Mit der Anleitung und der Materialqualität wissen Huch & Friends zu überzeugen.

Hinweis: Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar von Hutter HUCH! & friends.


Bewertung

Gutes Spiel

Alex

Hi ich bin Alex '91 geboren und habe Boardgamejunkies ins Leben gerufen. Seit gut 5 Jahren liebe ich Gesellschaftsspiele und alles was damit zu tun hat und fröne dieser Leidenschaft hier. Mein Ziel? Gute Spiele spielen und besprechen und die Szene beleben und unterstützen.

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