Rezensionen

Rezension: Master of the Galaxy

4x aus dem Sack?

explore, expand, exploit, exterminate

4X – auf deutsch auskundschaften, ausbreiten, ausbeuten, auslöschen. Ein Genre, das insbesondere im Bereich der PC Spiele sehr viele Vertreter hat. Im Brettspielbereich sind die zwei wichtigsten Vertreter das epische Twilight Imperium und das weniger trashige Eclipse. Twilight ist tagesfüllend, während sich Eclipse locker an einem Abend wegspielen lässt. Master of the Galaxy will sich ebenfalls in dieses Genre einordnen, mit einem großen Unterschied: Die Spieldauer wird mit 45-120 Minuten angegegeben. Ob das trotzdem noch Spaß macht? Ja tut es, auf seine Weise.

In Master of the Galaxy bekommt jeder Spieler eine Rasse, einen Heimatplaneten und grundlegende Forschungsprojekte. Soweit, so normal. Das Spiel geht dann allerdings mit einem Bag-Building Mechanismus andere Wege als üblich. Bei diesem Mechanismus werden jede Runde zufällig Komponenten aus einem Sack (bag) gezogen und für verschiedene Aktionen benutzt. Bekannte Vertreter sind Orleans, Altiplano als auch das Familienspiel Die Quacksalber von Queckdingsbums.

Sackbau im Weltraum

Bei Master of the Galaxy ziehen wir pro Runde immer drei Ressourcen aus dem Beutel. Sie unterscheiden sich in der Farbe und können vielfältig eingesetzt werden. Zum einen baut man mit ihnen Verbindungen zu anderen Planeten, zum anderen benutzt man sie für Forschungsprojekte und den Bau neuer Kolonien. Kommt es zum Kampf, so sind sie auch dort die treibende Kraft. Bis auf die Planetenverbindungen sind es unzählige Karten, auf denen wir die Steine platzieren. Wir ziehen also drei Steine aus dem Sack und müssen dann entscheiden, wie wir sie am besten verwenden. Breite ich mich aus? Treibe ich Projekte voran? Kämpfe ich? Egal, was ich mache, die Steine sind erstmal weg, sie liegen auf den Karten oder dienen als Baustelle für die interplanetaren Straßen. Erst wenn die „Straße“ fertig gebaut wurde, das Projekt vervollständigt oder der Kampf beendet, kommen die Steine in den allermeisten Fällen wieder in den Beutel. Man muss also abwägen, baut man die blaue Raumstraße, dann fehlen die Steine eventuell in der Zeit bei einem blauen Projekt. Diese Entscheidungen machen den Hauptaspekt des Spiels aus. Um das ganze etwas abzuschwächen, gibt es einige wenige schwarze Steine. Mit ihnen kann man angefangene Projekte vorzeitig abbrechen, um schnell die Steine wieder in den Beutel zu bekommen. In diesem Beutel wächst dann im Laufe des Spiels die Anzahl der verschiedenfarbigen Steine. Genau wie bei einem Deckbuilder kann man den Inhalt des Sacks in eine bestimmte Richtung entwickeln.

Zwei Wege zum Sieg

Projekte aller Art – Hier baut man seine Engine

Die Auslöschung, also das Exterminate, ist auch hier eine der zwei Siegbedingungen. Sobald ein Spieler an einen anderen Heimatplaneten „exterminiert“ hat, ist der Sieg errungen. Daneben kann man auch aber einen anderen, wenn auch schwierigeren Weg, gehen. In dem Spiel gibt es fünf „Supremacy“ Symbole: Militär, Wissenschaft usw. Hat man fünf von einer Sorte, gewinnt man ebenfalls das Spiel. Diese Symbole bekommt man durch allerlei wie zum Beispiel Planetenverbindungen, Projekte oder auch beim Kampf. In unseren Spielen kam es übrigens deutlich öfter vor, das man mit der direkten Zerstörung einer Heimatbasis gewonnen hat. Es ist im Prinzip einfacher. Gleichwohl geben die Symbole auch Boni oder sind Voraussetzungen für bessere Projekte, so das man dieses Teil nicht vernachlässigen sollte.

Engine und Kampf

Der Kampf! Ab jetzt heißt es rote Steine ziehen

Nach und dehne ich mich aus auf der Karte. Planeten werden kolonisiert und Ressourcen geplündert. Das ganze Imperium beruht zum größten Teil auf meinen Karten. Mit zusätzlichen Projekten baue ich mir meine „engine“, um verschiedene Vorteile zu erlangen. Natürlich kommt es naturgemäß zu Konflikten. Master of the Galaxy ist sehr interaktiv, auch abseits der Kämpfe kann ich dem Gegner schaden. Bestimmte Projekte erlauben es mir zum Beispiel Ressourcen eines Gegners zu klauen, um damit seine Projekte zu sabotieren. Apropos Kampf, auch hier kommen die Karten und die Steinchen aus dem Sack zum Zug. Will ich einen feindlichen Planeten angreifen, so lege ich eine Kampfkarte dazwischen (siehe Bild). Wer zuerst seine Seite mit

Die Supremacy Leiste

den Ressourcensteinen voll hat, gewinnt. Timing ist hier entscheidend: Hat der Gegner gerade viele rote Steine (hauptsächlich benötigt für Kämpfe) auf dem Brett oder in Projekten, dann ist meine Chance natürlich höher als erster die Karte voll zumachen. Auf jeden Fall mal was anderes und irgendwie auch sehr spannend gemacht!

Fazit:

Gunnar meint

Bag Building! Echt eine coole Mechanik. Deshalb mag ich Altiplano, obwohl es als unthematisches Euro gar nicht so in meinen Geschmack passt. Bag building ist auch der Grund warum ich Master of Galaxy mag. Es macht einfach echt Spaß jede Runde nicht zu wissen, was ich aus dem Sack ziehe, um dann die beste Entscheidung zu treffen. Die Vielzahl von Möglichkeiten der unzähligen Projekte geben einem enorm viel Entscheidungsfreiheit, wie ich mein Reich aufbaue. Auch der Kampf funktioniert erstmal richtig gut mit dieser Mechanik, allerdings kann es zu stumpfen „wer zieht zuerst den richtigen Stein“ Hängepartien kommen. Bei einem Spiel fehlten uns für den spielentscheidenden Kampf jeweils ein bestimmter Stein. Wir zogen und zogen und zogen…für einen epischen Endkampf war das etwas zäh. Zudem wird das Spiel teilweise von Regelungenauigkeiten störend verzögert. Die Anleitung ist schlicht nicht das Gelbe vom Ei. Unstrukturiert und für so ein relativ simples Spiel zu ungenau. Wo wir gerade am meckern sind, die Spielzeit kann auch mal deutlich über zwei Stunden hinausgehen bei vier Spielern. Insbesondere dann, wenn jeder erstmal in Ruhe sein Reich aufbaut. Das Spiel trägt diese Dauer aber nicht. Deshalb hätte ich mir eine aggressivere, richtungsweisende Mechanik gewünscht.

Nichtsdestotrotz ist Master of the Galaxy ein gutes Spiel. Es ist kein Twilight Imperium in 90 Minuten, auch kein Eclipse. Es ist ein spannendes, hoch interaktives Bag-Building-Spiel im Weltraum mit spaßigen und innovativen Elementen. Auf jeden Fall mal was komplett anderes als generischer Einheitsbrei.

Gunnar

Baujahr 76 mit Leidenschaft zu komplexen, thematischen, interaktiven Euros und Wirtschaftsspielen. Sehr gern auch im Bereich der historischen Konfliktsimulationen und 18xx unterwegs.

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Ein Kommentare

  1. Hi, das beste 4x Space game derzeit ist für mich „Intervention – Griff nach den Sternen“. Eine übersehene Perle in dem Genre. Wer wie ich for 20 Jahren nächtelang am PC Master of Orion2 gezockt hat, wird dieses Spiel lieben. Modulare Galaxy, erkunden, forschen, Schiffe bauen, Kolonisieren, Erobern und dann sogar Ereigniskarten für die gewisse Unwägbarkeit…sehr straighte Regeln und in 60 – 90 Minuten spielbar. Natürlich nicht so komplex wie z.B. Twilight Imperium, aber dafür spiele ich es in derselben Zeit zweimal.
    Sehr schönes rundes Spiel.

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