Intermezzo
Noch zwei Schritte, dann ist die rettende Fluchtkapsel erreicht. Auf dem Rücken trage ich ein Artefakt aus den Tiefen des Raumschiffes. Allerdings bin ich fast tot. Noch zwei Lebenspunkte trennen mich vom Nirvana. Bitte jetzt nicht meine „Clanks“ aus dem schwarzen Beutel ziehen! Wie viele da drin sind von meiner gelben Farbe, ich habe irgendwann nicht mehr mitgezählt. Mein Mitspieler greift in den Beutel und zieht fünf Stück… einen gelben Stein. Puhhh Glück gehabt, ein Leben bleibt noch! Nein, sagt mein „fürsorglicher“ Mitspieler, denn er hat auch noch einen roten gezogen, den Bounty Hunter, was bedeutet: alle kriegen noch einen Schaden! Ach nööö! Sein Grinsen nervt gewaltig, während ich meine Spielfigur kurz vor dem Ziel auf den Boden lege.
Diese Momente sind die Höhepunkte bei Clank!In!Space! Aber der Reihe nach…
Clank!In!Space! ist keine Erweiterung des Spiels Clank! (auf deutsch Klong!, 2017 beim Schwerkraft Verlag erschienen), sondern ein eigenständiges Spiel. Quasi eine Art Spin-off, welches das Geschehen aus der Fantasy-Höhle in den Weltraum verfrachtet. Der böse Lord Eradikus kehrt nach einem Eroberungsfeldzug mit seinem Raumschiff nach Hause zurück. Mit an Bord den Frachtraum voller wertvoller Artefakte. Wir sind Diebe und wollen den dunklen Herrn von seinen Schätzen befreien. Dazu versuchen wir leise und unentdeckt sein Raumschiff zu erkunden. Nicht immer gelingt dies…
Diebestour im Raumschiff
Clank!In!Space! spielt sich mit einigen Änderungen (dazu später mehr) sehr ähnlich wie das 2016 erschienene „Grundspiel“. Das Spiel ist im Kern ein Deckbuilder. Man fängt mit zehn Startkarten an und in jeder Runde kann man neue Karten dazukaufen, um sein Deck zu verbessern. Fünf Karten werden pro Runde gezogen und im Gegensatz zu vergleichbaren Spielen müssen alle fünf Karten auch gespielt werden. Mit Credits auf den Karten kauft man neue, bessere Karten, mit Schwertern werden Monster bekämpft und mit Stiefeln bewegt sich der Spieler auf dem Brett vorwärts. Fortbewegung ist das Stichwort, denn unsere Aufgabe ist es ja, in das Kommando-Modul zu kommen, um die Artefakte zu stehlen. Der Weg dorthin ist facettenreich. Es gibt Felder, wo man zwei statt einen Stiefel für die Fortbewegung benötigt, bei anderen stehen Monster im Weg. Ohne Schwerter in der aktuell gespielten Hand ist dort kein Durchkommen möglich. Wieder andere Wege erfordern einen Schlüssel, der für teure Credits auf den wenigen Markt-Feldern verfügbar ist. Beim Markt gibt es auch den Pass für die Teleporter, hilfreiche Abkürzungen auf dem Weg zu den Schätzen und zurück. Bevor man aber das Kommando-Modul mit den Schätzen betreten darf, muss der Zugang „gehackt“ werden. Das tun wir, indem wir an bestimmten Feldern mit einem Terminal Halt machen und insgesamt zwei unserer Data-Cubes ablegen. Haben wir uns ein Artefakt geschnappt, heißt es so schnell wie möglich zurück zum Start und ab in die Rettungskapsel.
Auf unserer Tour stoßen wir immer wieder auf verdeckte Ereignisplättchen, die uns bestimmte Boni wie Leben, zusätzliche Schritte oder Siegpunkte bringen. Wer hätte es gedacht? Am Ende gewinnt der Spieler mit den meisten Siegpunkten. Entscheide ich mir für ein leicht erreichbares Artefakt, mit weniger Siegpunkten oder riskiere ich es tief in das Raumschiff vorzudringen, um mir die wertvolleren Schätze zu holen. Immer mit der Gefahr, nicht mehr leben die Rettungskapsel zu erreichen. Dazu mehr später.
Der Deckbuilder in diesem Spiel ist grundsolide. Er sticht nicht besonders hervor, weder positiv noch negativ. Man fängt mit schwachen Karten an, kauft sich auf der Abenteuerleiste neue Karten und mischt sie in sein Deck. Manche Karten geben die Möglichkeit, schwache Karten zu „trashen“, also aus dem Spiel komplett zu entfernen. Dadurch wird das Deck effizienter und spielbarer. Wichtig sind zudem Karten, die mir einen oder mehrere „Minus-Clanks“ geben. Mit diesen speziellen Karten kann ich gezogene Clanks egalisieren.
Das Monster erwacht
Zeit lassen bei der Erkundung ist keine Option. Jetzt kommt die „Clank-Mechanik“ ins Spiel, die das Rennen um die Siegpunkte einzigartig macht. Im Startdeck und auch in den Karten, die man kaufen kann, gibt es sogenannte „Clanks“. Thematisch heißt das, wir machen Krach bei unserer Diebestour und erregen die Aufmerksamkeit von Lord Eradikus . Mechanisch platzieren wir pro Clank einen Spielstein unserer Farbe, es gibt 30 pro Spieler, auf dem entsprechenden Feld auf dem Brett. Kauft nun jemand eine Karte aus der offen ausliegenden Abenteuerleiste, so wird am Ende eines Zuges die Leiste mit einer neuen Karte aufgefüllt. Befindet sich auf der neuen Karte das Emblem des bösen Lords, werden alle Spielsteine aus dem Clank Bereich in einen schwarzen Beutel gepackt. Zusätzlich befinden sich in dem Beutel bereits 24 schwarze (neutrale) Steine. Der Spieler zieht nun zwischen 2 und 5 Steine aus dem Beutel. Bei schwarzen Steinen passiert nichts, sie werden jedoch zur Seite gelegt und nicht wieder in der Beutel zurückgepackt. Wird eine Spielerfarbe, also einer von den vorher abgelegten „Clanks“ gezogen, bedeutet das für den jeweiligen Mitspieler nichts Gutes. Mit jedem gezogenen Stein geht ein Lebenspunkt flöten. Bei zehn ist Schicht im Schacht. Das Spiel bietet jedoch anhand der Karten und Feldern auf dem Spielbrett die Möglichkeit, seine Lebenspunkte aufzufrischen.
Je länger das Spiel voranschreitet, desto mehr Steine werden gezogen. Gegen Ende kommen noch die sogenannten „Bounty Hunter“ Steine in den Sack. Wird so ein Stein hervorgeholt, verlieren alle Spieler ein Leben. Stirbt ein Spieler, oder schafft er es zur Rettungskapsel, zieht er in seinen kommenden Zügen vier Steine aus dem Beutel anstatt einen normalen Spielerzug zu machen. Die Luft wird dadurch immer dünner für die verbleibenden Mitspieler…
And now something completely different
Die Unterschiede zu Clank! sind nicht vielzählig. Ein paar relevante Änderungen gibt es aber doch. Am Wichtigsten ist das modulare Brett. Drei Module aus der Mitte des Spielplans sind doppelseitig bedruckt und lassen sich beliebig kombinieren. Dadurch erhält das Spiel eine enorme Wiederspielbarkeit, die das normale Clank meiner Meinung nach nicht hatte.
Bei den Schätzen wurden die kleinen 5er Artefakte entfernt. Zudem sind alle Artefakte erstmal geschützt durch die benötigten Data-cubes. Rushen ist somit nicht mehr möglich. Auch gibt es keine Möglichkeit mehr, sich einen Rucksack zu kaufen. Mehr als ein Artefakt kann also niemand tragen.
Beim Deckbuilder sind Fraktionskarten hinzugekommen. Diese Karten lösen einen starken Zusatzeffekt aus, wenn eine Karte der gleichen Fraktion ebenfalls ausgespielt wird. Dadurch können mächtige Combos entstehen.
Der „Rage-Track“, also die Leiste auf der sich das Monster fortbewegt, wurde mit den oben erwähnten „Bounty-Hunters“ verschärft.
Das Auge isst mit?
Ehrlich gesagt, richtig schön ist das Spiel nicht. Das Spielbrett ist auf den ersten Blick ziemlich unaufgeräumt und verwirrend. Das Artwork zweckmäßig. Die Illustrationen auf den Karten sind gut, aber da gibt es was die Detailfülle angeht Luft nach oben. Spiele mit Science-Fiction Thema leiden häufig an Detailarmut (man schaue sich Gaia Projekt oder Pulsar an), was aber auch an der Natur der Sache liegt. Der Weltraum und auch Raumschiffe sind einfach karger als eine Mittelalter Stadt mit Bauernhöfen. Die Qualität des Materials ist für ein 50 Euro Spiel vollkommen in Ordnung. Die Anleitung lässt ein paar Regelfragen offen, wie zum Beispiel die genaue Belohnungen bzw. Bestrafungen bei den Data Ports.
Fazit
Clank! in! Space! ist ein gutes Spiel! Die Mischung aus solidem Deckbau und Schätzejagd macht einfach immer wieder Spaß, auch im Weltraum. Das Monster bringt zudem eine angenehme Spannung in das Spiel. Wenn man kurz vor Ende in den Beutel greift und gespannt schaut, ob es einen getroffen hat, dann ist das Spielspaß pur! Das spannende Wettrennen um die Schätze durch das Raumschiff ist bis jetzt bei allen meinen Mitspielern gut angekommen.
Aber es gibt auch klare Kritikpunkte, die es mir nicht ermöglichen, das Spiel als „sehr gut“ einzustufen. Zum einen der Glücksfaktor. Logischerweise ist dieser bei einem solchen Spiel sehr hoch. Es kommt drauf an, welche Karten ich ziehe, was unter den Ereignisplättchen steckt, welche Steine aus dem Beutel gezogen werden, welche Karten neu aufgedeckt werden und natürlich wie oft das Monster angreift. Soweit so gut. Jetzt baut man aber bei Clank!In!Space! zusätzlich die Fraktionen ein, um eigentlich einen strategischeren Deckbau zu ermöglichen. Leider muss man verdammt viel Glück haben, damit man diese starken „Zusatzaktionen“ überhaupt spielen kann. Wenn man zwei oder drei Fraktionskarten in seinem Deck hat, ist das Spiel zumeist schon etwas fortgeschritten. Richtig nutzen kann man sie dann nur noch mit viel Glück. Die Frage ist halt, ob dieses glücklastige Spiel noch eine extra Portion Glück braucht? Ich denke nicht.
Der Monster-Mechanismus ist ein wirklich spannendes Element im Spiel. Er könnte aber noch viel spannender sein, wenn das Spiel nicht so warmherzig gegenüber dem Spieler wäre. Auf dem Spielbrett sind großzügig Herzen verteilt, auch auf vielen Karten gibt es Möglichkeiten, sein Leben aufzufrischen. Hier wäre weniger mehr gewesen. In vielen Partien kamen die Spieler allesamt lebend in die Rettungskapsel.
Brauche ich Clank! In! Space! wenn ich das normale Clank schon haben? Wenn man absoluter Clank Fan ist und das Spiel wirklich regelmäßig auf den Tisch kommt, dann ja! Allein wegen dem modularen Brett. Für mich auch der Grund, warum ich die Space-Variante dem Grundspiel vorziehe, obwohl ich Fantasy-Setting normalerweise deutlich lieber mag als Science-Fiction. Es bietet einfach mehr Wiederspielbarkeit.
Clank! In! Space! ist aktuell (18.11.2017) nur auf englisch erschienen. Ob eine deutsche Version folgt ist aktuell noch unklar.