„Ich – 1 – habe – 2 –vier – 3 – Kisten – 4“ Argh, ich muss meine Wörter zählen. Es geht einfach nicht anders – ein tiefer innerer Zwang verleitet mich einfach dazu. Aber warum zur Hölle redet der Typ links neben mir nur, wenn ich ihm vorher ein High-Five gebe? Und wieso stellt sich der Typ rechts neben mir so ungeschickt mit seinen Karten an? Komische Leute. Und ich dachte ich kenne meine Mitspieler ganz gut.
So oder so ähnlich fühlt es sich an, wenn man Berge des Wahnsinns spielt. Und lasst mich eines vorwegnehmen: es macht wahnsinnig Spaß.
Aber nun erstmal von Anfang an. Worum geht es eigentlich?
Wir befinden uns im Jahre 1931 auf einer Forschungsreise in die Antarktis. Hinter einer scheinbar unüberwindbaren Bergkette haben Forscher eine uralte Stadt entdeckt. Wir machen uns nun mit unserem kleinen Flugzeug auf den Weg zu dieser Stadt. Aber der Weg ist beschwerlich und stellt uns vor diverse harte Prüfungen… und je weiter wir kommen, desto mehr greift der Wahnsinn in unserer Gruppe um sich.
Fans von H. P. Lovecraft oder einem anderen Spiel mit „Lovecraft-Thema“ (Arkham und Eldritch Horror lassen grüßen) wird die Geschichte bekannt vorkommen. Immerhin handelt es sich bei der Vorlage um eine der bekanntesten Geschichten des Kultautors. Und wer sich fragt, warum wir überhaupt mit einem Flugzeug unterwegs sind – denn das wird in der Anleitung verschwiegen –dem sei gesagt, dass wir – laut der ursprünglichen Geschichte – eigentlich auf einer Rettungsmission sind. Denn von den Forschern, die die alte Stadt und Spuren der großen Alten gefunden haben, wurde schon länger nichts mehr gehört.
Aber genug zur Story und hin zum eigentlichen Spielablauf.
Das Ziel des kooperativen Spiels ist es, auf dem Weg zum Gipfel (Rand des Wahnsinns) Begegnungsplättchen aufzudecken und hierbei Relikte zu finden. Denn nur wenn wir am Ende des Spiels mehr Relikte als Verletzungen haben und uns die Flucht vom Gipfel des Berges gelingt,gewinnen wir das Spiel. Die Begegnungen selbst handelt man durch das gemeinschaftliche Abwerfen von Handkarten ab.
Jede Runde wird in fünf Phasen gespielt:
- Flugzeugphase
Mit unserem Flugzeug fliegen wir ein umliegendes Feld auf dem Spielplan an. Gestartet wird auf einem beliebigen Feld an der Küste (unterste Reihe der Begegnungsplättchen). In den folgenden Runden kann man dann immer ein anliegendes Feld ansteuern. Das muss nicht zwangsläufig immer nach oben sein – wir wollen ja schließlich Relikte sammeln. Und lasst euch gesagt sein, es wird nicht einfacher je höher man sich wagt.
- Begegnungsphase
In der Begegnungsphase wird das Plättchen umgedreht. Hierauf sind – je nach Höhe – zwei bis drei Symbole abgebildet sowie die erforderliche Anzahl. Also z. B. 7-9 Kisten und 6 Steine. Die Spieler haben nun 30 Sekunden Zeit, mit Hilfe ihrer Handkarten, gemeinschaftlich die erforderlichen Symbole abzuwerfen. Auf den Handkarten befinden sich nämlich ebenfalls die Symbole sowie eine Zahl (z. B. Seil 4). Klingt einfach, oder? Ist es vom Prinzip auch – wenn da nicht der allmählich umgreifende Wahnsinn wäre. In dieser Phase müssen die Spieler nämlich ihr Wahnsinnskarte beachten, die geheim vor ihnen liegt. Und dann kommen da so Situationen, wie in der Einleitung beschrieben, zustande. Und mit High-Five gebenden, ihre eigenen Wörter zählenden und auf einmal sehr ungeschickten Mitspielern sind 30 Sekunden wirklich schnell um.
- Auswertungsphase
Nun wird geschaut, ob die Herausforderungen gemeistert wurden. Ist zumindest ein vorgegebener Wert durch das Abwerfen der Handkarten erfüllt worden, erhält man eine Belohnung. Dies kann z. B. eines der heiß begehrten Relikte sein, aber auch andere Hilfsmittel können gefunden werden. Ist aber eine Anforderung offen geblieben (oder gar mehrere) gibt es eine Strafe. Dies ist entweder eine neue Wahnsinnskarte für einen Spieler (diese gibt es in drei Stufen) oder man würfelt mit dem Strafwürfel. Hierbei kann es zu Verletzungenkommen (verwässert die Handkarten und erfordert mehr Relikte, um das Spiel zu gewinnen), man verliert Karten oder Anführermarken (hierzu später mehr).
- Nachziehphase
Nun werden wieder Karten nachgezogen, so dass man in die nächste Runde gehen kann.
- Ruhephase (optional)
Hierüber kann man wieder Karten vom Ablagestapel in die verfügbaren Karten mischen. Ansonsten würde man irgendwann keine Karten mehr nachziehen können. Dies kostet aber wieder einenAnführermarker.
Und dann der Wahnsinn in die nächste Runde.
Zu den Anführerplättchen: jede Runde gibt es einen Anführer, der nach jeder Runde reihum wechselt. Dieser hat letztendlich die Entscheidungsgewalt in den einzelnen Situationen und verwaltet zudem die sechs Anführermarker. Diese können in den unterschiedlichen Phasen ausgegeben werden, um z.B. das Handkartenlimit zu erhöhen oder nochmal 30 Sekunden für Begegnungsphase zu erhalten. In der Ruhephase erhält man diese wieder, muss hierfür aber eines komplett abwerfen.Handelt es sich hierbei um den letzten Marker, ist das Spiel verloren.
Ebenfalls verloren ist das Spiel, wenn ihr die letzte Verletzung vom Stapel der Verletzungskarten zieht. Es gibt also – wie so oft – mehrere Bedingungen für eine Niederlage und nur eine für den Sieg: nämlich die erfolgreiche Flucht. Bei der Flucht handelt es sich um drei Finale Begegnungen, die analog den bisherigen abgewickelt werden. Und hier ist schon so manch für erfolgreich gehaltene Expedition gescheitert.
Fazit
Das typische „Lovecraft-Feeling“ bleibt aus. Bei Spielen wie Eldritch oder Arkham Horror ist die Verzweiflung und das nahende drohende Ende der Welt immer spürbar. Und über die zahlreichen Karten und deren Flavourtexte und Bilder ist man immer tief in der Story drin – fast wie im Rollenspiel. So geht es mir zumindest. Hiermit kann Berge des Wahnsinns nicht dienen. Es gibt zwar auf den Plättchen auch Illustrationen und kleine Texte – aber das wird eher beiläufig wahrgenommen und ist für das Spiel auch nicht wichtig. Unter diesen Gesichtspunkt ist Berge des Wahnsinns kein Pflichtkauf für Fans von Cthulhu, Azathoth und Co. Das Spiel lebt hauptsächlich von den verschiedenen Wahnsinnskarten und deren Effekten. Es ist einfach unfassbar witzig, wenn man sich mit den verschiedenen Macken versucht abzustimmen, wer denn nun welche Karte abwirft. Als klassisches Partyspiel würde ich es zwar nicht bezeichnen, da man schon konzentriert sein muss, um die Herausforderungen zu meistern – aber es geht schon in diese Richtung. Wer also Spaß daran hat, seinen – natürlich nur von den Karten vorgegebenen ;) – Wahnsinn einmal auszuleben, der ist in den Bergen des Wahnsinns gut aufgehoben. Ich jedenfalls finde es grandios und würde mich jederzeit – 1 –wieder – 2 – ins – 3 – Flugzeug – 4 – setzen – 5.