Rezensionen

Rezension: Freedom – The Underground Railroad

Thematisch abstrakte Sklavenbefreiung - auf nach Kanada

Freedom – The Underground Railroad ist ein kooperatives Spiel für ein bis vier Spieler von Academy Games und bislang nur in der englischen Ausgabe erhältlich. Academy Games hat sich auf historische Spiele spezialisiert. D. h. die Spiele basieren auf historischen Ereignissen – nebenbei lernt man also noch etwas.

[tie_index]Thema[/tie_index]In Freedom geht es um die namensgebende Underground Railroad. Die Underground Railroad war ein aus Gegnern der Sklaverei– auch Weißen – bestehendes informelles Netzwerk, das Sklaven auf der Flucht aus den Südstaaten der USA nach Norden, z. B. in das sicherere Kanada, Unterstützung gewährte. Mit geheimen Routen, Schutzhäusern, Fluchthelfern und geheimer Kommunikation gelang es, zwischen 1810 und 1850 etwa 100.000 Sklaven zu befreien. Das 1780 gegründete Fluchthilfenetzwerk, das im Eisenbahnzeitalter (seit ca. 1850 unter dem Namen Underground Railroad bekannt wurde, bestand bis 1862. (Quelle: de.m.wikipedia.org/wiki/Underground_Railroad)

In Freedom treten wir dieser Untergrundbewegung bei und versuchen Sklaven von den Plantagen im Süden nach Kanada zu geleiten. Hierbei übernehmen wir bestimmte Rollen von typischen Abolitionists (Gegner der Sklaverei, die sich auf verschiedenste Weise für deren Abschaffung stark gemacht und Sklaven zur Flucht verholfen haben). Je nach Rolle bringen wir verschiedene Fähigkeiten mit ein, die auch konsequent genutzt werden müssen – denn wie in jedem guten kooperativen Spiel, muss man schon gut planen und auch etwas Glück haben, um zu gewinnen.

Wie spielt sich Freedom?

Eins vorweg: Freedom ist eines dieser Spiele, die zwar leichte Regeln haben, einen aber dennoch fordern. Auf jeder Rollenkarte sind die Spielphasen detailliert beschrieben, so dass man sich hieran gut langhangeln kann und keine Regelfragen offen bleiben. Grob beschrieben bewegt man die Sklaven-Spielsteine von den südlichen Plantagen in Richtung Norden und versucht das sichere Kanada zu erreichen. Unterwegs machen uns die Sklavenfänger aber das Leben schwer und blockieren Routen oder fangen unsere Sklaven-Spielsteine wieder ein.

1. Slave Catcher Phase

In der Slave Catcher Phase wird gewürfelt und der gewürfelte Sklavenfänger – bunte Spielsteine, die sich in gewürfelter Pfeilrichtung entlang einer festgelegten, ihrer Farbe entsprechenden Route bewegen – werden entsprechend gezogen. Beenden sie ihr Bewegung auf einem Feld mit einem Sklaven-Spielstein, wird dieser quasi gefangen und dem Sklavenmarkt hinzugefügt, worüber er dann irgendwann wieder auf einer Plantage landet.

2. Planning Phase

In der Planungsphase kaufen wir quasi ein. Hier gibt es einerseits die sogenanntem Support Token. Diese haben eigentlich keine Funktion, müssen aber für den Spielsieg bzw. das zeitliche Weiterkommen erworben werden. Sie symbolisieren quasi die wachsende Unterstützung der Anti-Sklaverei-Bewegung.

Darüber hinaus können in dieser Phase auch Conduktor Tokens erworben werden. Hiermit können die Sklaven auf dem Spielbrett bewegt werden, d. h. im Zug der Spieler werden diese abgeworfen, um z. B. drei Sklaven um jeweils ein Feld zu bewegen.

Außerdem gibt es hier Fundraising Tokens. Wenn diese später ausspielt werden, erhält man für bestimmte Felder auf denen Sklaven-Spielsteine stehen Geld.

Dummerweise kann man immer nur zwei solcher Token pro Runde kaufen und erschwerend kommt noch hinzu, dass das Geld auch immer knapp ist.

3. Action Phase

In der Action Phase werden nun bis zu zwei der zuvor erworbenen Token gespielt. Sprich man sammelt entweder Geld per Fundraising Token ein oder bewegt Sklaven-Spielsteine. Setzt man einen dieser Steine auf ein Feld das mit einer Route der Slave Catcher verbunden ist, wird der entsprechende Slave Catcher – je nach Farbe der Route – „getriggert“. Er bewegt sich als auf das Feld zu. Man muss also ständig schauen, welche Bewegung man überhaupt machen kann. Evtl. wird durch eine Bewegung irgendwo auf dem Spielplan ein anderer Sklave gefangen genommen oder die Route blockiert. Ein sehr abstraktes aber passendes Spielelement.

Außerdem kann in dieser Phase eine Karte erworben werden. Hierüber können beispielsweise zusätzliche Aktionen gespielt werden oder man erhält andere Vorteile. Die Karten werden zu Beginn jeder Runde ausgelegt und sind, je nach Position, unterschiedlich teuer. Aber es gibt auch einige negative Karten, die hier aufgedeckt werden können. Diese haben z. B. auch dauerhafte Effekte, bis diese erworben werden oder mit der Zeit abgelegt werden.

4. Slave Market Phase

In der Slave Market Phase wird der untere Sklavenmarkt – es sind immer drei offen ersichtlich – ausgelöst. Hierdurch werden die dort enthaltenen Sklaven-Spielsteine auf die drei Plantagen verteilt. Ist hier nicht genügend Platz, sind diese Sklaven leider verloren. Passiert das zu oft, geht das Spiel bei einer bestimmten Anzahl verloren. Je nach Spieleranzahl und gewähltem Schwierigkeitsgrad sind dies unterschiedlich viele

Das heißt, man muss nicht nur die Sklaven über die Grenze bringen, sondern auch immer für ausreichend Platz in den Plantagen sorgen.

Zum Abschluss dieser Phase wird ein neuer Sklavenmarkt aufgedeckt – gleichzeitig sind das die Runden-Anzeiger – und die verbliebenen ein Feld weiter Richtung Plantagen geschoben.

5. Lantern Phase

Hier werden ein bis zwei der ausliegende Karten abgeworfen und neue aufgedeckt. Außerdem wird der Laternen-Marker weiter gereicht und somit der neue Startspieler der nächsten Runde bestimmt.

Spielziel

Um zu gewinnen, müssen wir einer bestimmte Anzahl von Sklaven zur Freiheit verhelfen – also nach Kanada bringen – bevor die letzte Runde vorbei ist. Zusätzlich müssen wir genügend Unterstützung für die Underground Railroad gewinnen, sprich alle Favour Token  kaufen.

Auf der anderen Seite verlieren wir, wenn wir unser Ziel am Ende der letzten Runde nicht geschafft oder im Vorfeld mehr Sklaven von überfüllten Plantagen „verloren“ würden.

Fazit

Michi meint

Im Herzen ist Freedom natürlich ein sehr abstraktes Spiel. Kurz heruntergebrochen setzt man Token ein, um Spielsteine auf einer vorgefertigten Strecke zu bewegen, was wiederum andere Spielsteine zu einer Reaktion bzw. Bewegung verhilft. Klingt nicht sonderlich thematisch. Ist es das? Definitiv ja. Es ist und bleibt ein abstrakes Spiel, aber allein durch die Landkarte auf der man sich bewegt und den Illustrationen und Texten auf den Karten kommt viel Flair ins Spiel. Das Thema fühlt sich nicht aufgesetzt an und die Mechaniken passen sehr gut zum thematischen Spielgeschehen.

Ein Beispiel: es ist z. B. ab und zu sinnvoll einen Sklaven-Spielstein zu opfern und damit den Weg an einer anderen Stelle frei zu machen. Trotzdem ringt man irgendwie damit, diese unmoralische Entscheidung zu treffen – schließlich liefert man einen Sklaven an die Slave Catcher aus.

Wer also auf abstrakte Spiele steht, sich aber trotzdem gerne ein passendes Thema hierzu wünscht, der ist bei Freedom genau richtig. Es ist ein tolles und forderndes kooperatives Spiel, bei dem man möglichst jeden Zug gut planen sollte und alle Möglichkeiten nutzen muss. Durch die Würfel für die Bewegung der Slave Catcher und die unterschiedlichen Karten kommt zwar etwas Zufall und somit Glück ins Spiel, aber ansonsten ist das Spiel gut plan- und kalkulierbar. Außerdem passt es ja auch thematisch, dass man nicht genau weiß welche Route die Slave Catcher einschlagen.

Das Spiel lässt sich mit jeder Spieleranzahl gut spielen und ist wirklich gut gebalanced. Je nach Spieleranzahl variieren die Ziele, Karten und Sklavenmärkte. Eigentlich ist jede Partie sehr knapp und entscheidet sich in der Regel in der letzten Runde. Wem es dann mal doch zu leicht wird, kann auch den Schwierigkeitsgrad erhöhen. Es müssen dann mehr Sklaven gerettet und es dürfen weniger „verloren“ werden.

Im Grunde laufen die Partien natürlich alle recht ähnlich ab. Durch die unterschiedlichen Karten und Rollen kommt allerdings genug Varianz ins Spiel, um das Spiel häufiger zu spielen. Außerdem ist es jedes mal wieder eine Herausforderung das Spiel zu schaffen. Von mir also eine klare Empfehlung.

Abschließend noch etwas zum Preis. Das Spiel ist nicht ganz günstig und kostet i. d. R. so um die 70 Euro. Die Komponenten sind zwar gut, aber für 70 Euro bekommt man ja eigentlich schon ein Spiel mit schönen Miniaturen und weitaus mehr Material. Hier merkt man, dass Academy Games ein doch eher kleinerer Verlag ist und in nicht so hoher Auflage produziert. Vom Spielspaß her, ist das Geld aber gut angelegt.

 

Michi

Hallo, ich bin Michi, 1980 geboren und aus der Nähe von Bremen und relativ frisch hier dabei. Egal ob Eurogame oder feinster Ameritrash, ich mag Spiele, die auch eine Geschichte erzählen und ein cooles Thema/Artwork haben. Ich mag die Szene und den Umgang miteinander und hoffe euch hier gute Tipps geben zu können. Möge nicht nur mein Geldbeutel schrumpfen ;) Viel Spaß beim Lesen.

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