Wir schreiben das Jahr 2122. Der Raumfrachter „Nostromo“ ist gerade auf dem Rückweg zur Erde, als MU/TH/UR (Mother, der Zentralcomputer des Raumschiffs) weit ab vom Kurs ein Funksignal empfängt. Das Protokoll sieht in diesem Fall vor, dass dem Notruf nachgegangen wird. Deshalb weckt Mother die Besatzung aus ihrem Kälteschlaf und nimmt Kurs auf den Planetoiden LV 426. Dort findet die Crew das Wrack eines außerirdischen Raumschiffes vor. Ein Mitglied der Besatzung stößt beim weiteren Vordringen auf seltsam aussehende Eier. In der Zwischenzeit kommen dem dritten Offizier, Ellen Ripley, die an Board des Raumfrachters geblieben ist, Bedenken …
Legendary Encounters Alien setzt genau da an: Im ersten Teil des Spiels befinden wir uns an Board der Nostromo und alles scheint ruhig – doch der Schein trügt. Die Decks von Ripley und drei ihrer Mitstreiter werden als Kartenstapel zusammengemischt und zunächst einmal in den Barracken untergebracht. Wir bekommen nämlich anfangs nur Statisten auf die Hand, mit denen wir wahlweise Schauspieler unsere Filmhelden rekrutieren (Sternsymbol) oder Aliengestrüpp angreifen bzw. Locations scannen können (Krallensymbol). Das erste Ziel ist auch noch recht einfach zu erfüllen, denn wir müssen uns lediglich etwas durch den Alien-Bienenstock wühlen. Dazu bekommen wir 6 Karten auf die Hand, die wir nacheinander ausspielen.
Wir rekrutieren also erstmal Unterstützung in den Barracken und scannen die verschiedenen Locations. Doch Obacht! Man sollte sich gut überlegen, ob man wirklich einen Blick in die Lüftungsschächte wirft. Nicht immer gefällt einem, was man da sieht, und wehe, du hast dann keine Munition mehr dabei. So ein Facehugger ist kein Spaß auf nüchternen Magen! Es macht übrigens durchaus einen Unterschied, ob man sich allein oder zu zweit auf Erkundungstour durch den riesigen Raumfrachter begibt. Deshalb würde ich dringend empfehlen, LEA immer mit 2 Kartenhänden zu spielen, wenn man solo unterwegs ist. Niemand hat behauptet, dass es einfach werden würde!
Dummerweise hat man nicht ewig Zeit seine Kumpels zu rekrutieren. Irgendwas rumpelt da im Stahlgebälk und so langsam aber sicher sollte man vielleicht mal in die Puschen kommen, bevor die Viecher es sich vollends heimisch auf dem fliegenden Erzcontainer machen. Außerdem gilt es ja noch seine Missionsziele zu erfüllen, um die Geschichte voranzutreiben. Und so läuft es im Endeffekt darauf hinaus, wo es immer drauf hinausläuft: Verstärken, Rudelbumms und Kasalla! Also Deck verstärken, Räume scannen und draufhalten mein ich. Zwischendurch meldet sich Alien-Mama mal mit einem Ereignis oder einer zufälligen Gefahr, damit man nicht vereinsamt oder gar vergisst, dass sie auch noch da ist.
Es kommt, was kommen muss: die Munition wird knapper, die Besatzung reduziert sich und irgendwann klopft Alien-Mama persönlich an die Tür. Spätestens jetzt sollte man sein Deck soweit verstärkt haben, dass man Angriffe abwehren kann. Zwar sind unsere Protagonisten einigermaßen leidensfähig, aber hast du erstmal ’n Facehugger abbekommen, wird’s in der nächsten Runde wirklich ungemütlich. Und es wird nicht besser, glaub mir! Bis zu diesem Punkt sollte man die Synergien zwischen den einzelnen Charakteren verstanden haben. Da LEA aber mit nur 2 Ressourcen auskommt und der Rest sich auf KartenTEXTE bezieht, wird man peu à peu in das Deckkonstruieren eingeführt. Es hilft natürlich, wenn man die Karten kennt und anfangs kann es durchaus mal passieren, dass man nicht das letzte Lebewesen auf der guten, alten Nostromo ist.
Mit jeder weiteren Mission folgt LEA den Teilen 1-4 der Alien-Saga. Die verschiedenen Ziele sind genau auf die Filme abgestimmt; ebenso die Kartendecks der einzelnen Hauptfiguren, die sich mit jedem Teil ändern. Das macht schon unheimlich Spaß, wenn einem die Filme noch gut in Erinnerung sind. Rein vom Gefühl her hat Legendary Encounters Alien das auch noch einen Ticken besser hingekriegt als das Marvel-Pendant und ich bin ansonsten immer 3x mehr für Superhelden in Strumpfhosen als für Conehead-Außerirdische mit merkwürdigen Beisswerkzeugen. Es macht schon einen Unterschied, ob man sein Deck einfach nur stärker macht oder eher Karten opfert. Die richtige Strategie muss man natürlich erst finden.
Ich weiß nicht, ob ich die einzige bin, die das so sieht, aber ich empfinde die Facehugger, die eigentlich ja nur Statisten sind, auch im Spiel als wesentlich ekelhafter als die Alien selbst. Ein Alien greift wohl mal an und dann kriegt man halt ’n Schlag ab. Den Facehugger musst du sofort abwehren (im Spiel zu zweit Gott sei Dank mit Unterstützung) und wenn du schon direkt zu Beginn einen abbekommst, kann es durchaus mal sein, dass du den nicht abwehren kannst, weil du nur Rekrutierungskarten auf die Hand bekommst. Das ist deswegen schlecht, weil das dann deine vorletzte Runde ist.
Das Schöne an Legendary Encounters Alien sind die einfachen Mechaniken. Die Tiefe kommt erst durch den Deckbau und durch die Story, ohne dass es mechanisch überladen würde. Es ist allerdings etwas ausführlicher als Marvel. Sollte man deshalb sogar als Nicht-Englisch-Muttersprachler hinbekommen. Alien hat nämlich nur wenig Fluff-Text. Das Spiel schafft es tatsächlich, fast die komplette Immersion aus der Anlehnung der Ziele und Protagonisten an den Film zu holen. Interessant wäre in dieser Hinsicht, wie es für jemanden ist, der die Filme nicht kennt.
Trotzdem nochmal von mir der Tipp: schaut euch vorher die Filme an! Fun-Fact am Rande: wer Bilbo Beutlin findet, darf ihn behalten …
Es gibt übrigens die Möglichkeit, die Kartendecks der Charaktere frei zu kombinieren, wenn man die Ziele durchgespielt hat, und auch der Schwierigkeitsgrad kann optional angepasst werden. So macht das Spiel auch noch Spaß, wenn man die Missionen einmal durch hat, weil sich jedes Deck anders spielt. Trotzdem freue ich mich natürlich wie ein Kind an Weihnachten auf die Erweiterung. Außerdem könnte man im Mehrspielermodus sogar die Aliens spielen, sobald ein Spieler gestorben ist. Wer also auch mal die Sau rauslassen will … Wahlweise gibt es noch eine Art Verrätervariante, wo einer der Spieler gegen die anderen Spieler spielen muss. Das hab ich allerdings noch nicht getestet und kann uns Solospielern auch egal sein.
Wenn ich überhaupt irgendetwas an diesem Spiel bemängeln möchte, dann wäre das die typische Legendary-Kartenqualität. Die ist mehr so mittelprächtig, was bei einem Spiel, wo die Karten permanent gemischt und/oder getappt werden, natürlich eher suboptimal ist. Da hilft nur sleeven, was bei 600 Karten eine abendfüllende Nebenbeschäftigung werden kann. Sollte man deshalb vor dem ersten Spiel machen, aber keine Objectives spoilern! Pro-Tipp: im Kleingedruckten unten auf der Karte steht, zu welchem Deck die Karten gehören. Bei den Charakteren steht es oben unter dem Kartennamen; zusätzlich haben diese oben links ein rundes Symbol, das verrät, zu welcher Mission sie gehören, wenn man das Spiel missionsgetreu nach Filmen spielt. Als Ausgleich für die mittelmäßige Kartenqualität bekommt man übrigens eine überdimensionale Playmat. Derzeit für mich das beste thematische Deckbauspiel auf dem Markt und deswegen 5 Sterne.
[author title=“Spiele Legendary Encounters Alien wenn du …“ image=“https://secure.gravatar.com/avatar/d1c01c262ce410670814c8b1b4e00fae?s=180&d=mm&r=g“]– Deckbau für die großartigste aller Erfindungen hälst
– findest, dass Ellen Ripley dringend mal zum Friseur dürfte
– der Meinung bist, dass Facehugger viel schlimmer sind als Alienmama
– ein Nerd bist
– Playmats sammelst
– Kartensleeven dein Hobby ist, weil du dabei immer deine Lieblingsserie schaust (Unsere kleine Farm)