Das Spiel des Jahres 2016 ist gewählt und natürlich hat man als Szene-Angehöriger und Nicht-Zielgruppe eine Meinung dazu. Dazu aber später mehr, erst einmal die Info, wer denn gewonnen hat.
Nominiert zum Spiel des Jahres 2016 waren:
- Codenames (Heidelberger)
- Imhotep (Kosmos) – Rezension hier
- Karuba (Haba)
Gewonnen hat: CODENAMES
Nominiert zum Kennerspiel des Jahres 2016 waren:
Gewonnen hat: ISLE OF SKYE
Beginnen wir mit dem Spiel des Jahres:
Da fand ich es dieses Jahr sehr schwierig. Codenames erzeugte einen wahren Hype, der bereits auf der SPIEL 15 zu spüren war (das Spiel war rasend schnell ausverkauft), viele sahen Codenames als sicheren Sieger und sie sollten Recht behalten. Ich hatte von Anfang an meine Probleme mit Codenames. Ich hielt es für zu stark abhängig von der Gruppe, es kann sehr schnell floppen, die Downtimes können bei ungeübten Geheimdienstchefs recht lange werden und man muss sich beherrschen können. Wirklich hervorragend ist Codenames auch erst ab 4 Spielern, also in der Team-Variante. Ich hielt Codenames ganz einfach nicht für universell Familientauglich und das war bisher meine Interpretation vom Spiel des Jahres. Eine Familie muss das Spiel kaufen können und Spaß damit haben. Ich sah einfach keine zwei Eltern mit einem 4. Klässler am Tisch sitzen und Codenames spielen.
Tom Felber, Vorsitzender der Spiel des Jahres Jury, widerlegte meine Bedenken in seiner Eröffnungsrede. Spiel des Jahres möchte die Spiele nicht nur in die Familie, sondern auch in die Gesellschaft bringen. Gesellschaft und Familie seien nicht deckungsgleich. Damit hat er Recht! Die spielende Gesellschaft besteht aus WG’s, Spieletreffs und mehr. Es wird viel außerhalb der Familie gespielt und auch für diese Zusammenkünfte gebe es das Spiel des Jahres.
Matthias Nagy (Darkpact) von den Bretterwissen hat es passend beschrieben: „Codenames ist das Speil für die Gesellschaft. Das Spiel das nicht nur der kleinste gemeinsame Nenner ist, sondern das Spiel, das anerkennt, das es auch andere Gruppen gibt die ein tolles Spiel erfahren müssen. und Codenames ist das Spiel, welches dieses transportiert wie kein anderes. Vermutlich gibt es kaum etwas was es so einfach macht.“ (Quelle: http://bretterwisser.de/darkpact-von-kennerfamilien-und-gesselschaftscodes/)
Und da muss ich der Jury recht geben: Da passt Codenames hervorragend rein und wird sicher noch viel Spaß und viele Erfolge bringen.
Nach meiner Interpretation des Spiel des Jahres hätte es Karuba werden müssen. Einfaches Familienspiel mit dem wirklich jeder Spaß haben. Imhotep finde ich zu wenig steuerbar, zu frustrierend, zu emotions- und seelenlos.
Weiter mit dem Kennerspiel des Jahres:
Ui, was ein Jahrgang. Innovative Spielkonzepte wie der Legacy-Mechanismus oder das Rollenspiel in T.I.M.E. Stories feierten ihre Erfolge und wurden mit einer Nominierung belohnt. Ich erhoffte mir eine größere Würdigung durch die Jury. Pandemic: Legacy weiß wie kein anderes Spiel in seinen Bann zu ziehen. Hat eine Partie-Anzahl die die wenigsten Menschen mit einem Brettspiel verbringen würden und die Komplexität wächst mit der Erfahrung. Es wäre die Chance gewesen, aus Kennerspielern wirkliche Spielenerds zu machen. Will man das? Ich weiß es nicht ob die Jury das will, ich fänd es aber ein positives Ziel. TIME Stories fiel für mich früh aus dem rennen. Zu verwirrend geschrieben fand ich die Regel und manche Kartentexte, zu frustrierend kann das Spielerlebnis sein, zu ungeeignet befand ich das einmalige durchspielen in 4-6 Stunden und dann den „Zwang“ Erweiterungen zu kaufen.
Isle of Skye hingegen halte ich für einen Grenzgänger. Es ist ein Spiel, dass mir die Problematik mit dem Kennerspiel deutlich macht. Wen soll das Kennerspiel wirklich ansprechen? Zwischen Isle of Skye und einem Pandemic Legacy liegen von der Innovation her, aber auch vom Anspruch her Welten. Während Pandemic Legacy immer komplexer und spannender wird, bleibt Isle of Skye auf seine charmante Art gewöhnlich und bekannt. Plättchen legen, Geld kassieren und Symbole zählen, all das kennt man zu genüge. Ist Isle of Skye deswegen schlecht? Nein, auf keinen Fall. Ich hätte es genau so gut in der Spiel des Jahres Kategorie gesehen, ebenso wie ein Istanbul oder ein Broom Service. Manchmal habe ich das Gefühl, dass die Spielzeit eher das entscheidende Kriterium beim Kennerspiel des Jahres ist. Village von 2012 und Die Legenden von Andor 2013, das versteh ich noch unter einem Kennerspiel. Aber wie immer gilt: Ich bin halt auch nicht die Zielgruppe. Leider weiß ich nicht, ob sich irgendjemand bewusst zur Zielgruppe zählen kann.
Was am Ende bleibt
Die Jury hat gute Spiele nominiert und ausgezeichnet. Jeder kann unter den nominierten Spielen viel Spielspaß finden. Dabei gilt allerdings: Don’t forget the nominees. Der Preis selbst fokussiert sehr stark, er bildet keine Diversität ab, sondern fokussiert auf 3 Spiele pro Jahrgang. Wir wissen alle die Welt der Spiele ist Divers und das zeigen die Nominierten und Empfehlungen. Lasst uns diese genauso in den Fokus rücken wie die Gewinner.
Sehr schöner Kommentar, bie dem ich mich in vielen Punkten wiederfinde.
Zur Entscheidung der Jury habe ich sehr gemischte Gefühle und daher tut es gut zu lesen, wie andere dazu denken. Danke